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Kindesmissbrauch

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Definition

Sexuelle Gewalt ist eine sexuelle Handlung eines Erwachsenen oder Jugendlichen mit einem Jugendlichen oder Kind. Die Betroffenen können dieser Handlung auf Grund ihrer intellektuellen und emotionalen Entwicklung nicht frei und informiert zustimmen. Der Erwachsene nützt einen Vorsprung an Wissen und Macht aus, er überredet das Kind/den Jugendlichen zur Kooperation. Häufig gibt es dabei die Verpflichtung zur Geheimhaltung, die das Kind zur Sprachlosigkeit, Wehrlosigkeit und Hilflosigkeit verurteilt.

Bist du selbst betroffen?

  1. Du bist nicht schuld daran. Die Schuld liegt immer beim Täter. Es ist normal, in dieser Situation Schuldgefühle zu haben, obwohl sie unbegründet sind.
  2. Jede Form von sexueller Gewalt kann ekelhaft sein und ganz schreckliche Gefühle auslösen. Auch das ist normal. Trotzdem: Du brauchst dich nicht zu schämen.
  3. Du musst den Täter nicht schützen.
  4. Suche dir Hilfe - du kannst gerne mit dem Leiter des Fachbeirats Kontakt aufnehmen.

Hast du einen Verdacht?

Du hast eine Situation beobachtet, die dir seltsam vorkam?

  1. Schau hin und nimm deine Gefühle ernst! Beobachte und notiere mit Datum, was du siehst oder gesehen hast. Unternimm keine eigenständigen Schritte und handle nicht voreilig. Falsche Schritte können großen Schaden anrichten.
  2. Sprich nicht mit dem Kind und nicht mit dem möglichen Täter darüber. Es besteht auch aus strafrechtlichen Erwägungen keine Eile.
  3. Sprich zunächst auch nicht im Kreis deiner Mitarbeiter darüber. Gespräche über vermutete Sexuelle Gewalt können zu Reaktionen führen, die nicht mehr kontrollierbar sind. Suche dir eine kompetente Vertrauensperson.
  4. Sollte es in deinem Umfeld niemand geben, kannst du mit dem Leiter des Fachbeirats Kontakt aufnehmen.

Juristische Aspekte des sexuellen Missbrauchs an Kindern

(Quelle: Kinder- und Jugendanwaltschaft Kärnten, Hrsg., Sexuelle Gewalt an Kindern. Information, Hilfsangebote, Prävention. 2008)

Überblick über das relevante Strafrecht und Eingriffsmöglichkeiten des Jugendamtes, des Familiengerichts und der Polizei

 

1. Besonderer Schutz für Minderjährige

Der Gesetzgeber macht die Strafbarkeit für sexuellen Missbrauch vom Alter des Kindes oder des Jugendlichen abhängig. Sexuelle Handlungen an Kindern unter der Schutzaltersgrenze von 14 Jahren sind generell verboten. In einigen Fällen liegt die Schutzaltersgrenze bei 16 bzw. bei 18 Jahren (z. B. Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses, § 212 StGB)

 

2. Folgende Straftatbestände nach dem Strafgesetzbuch kommen bei sexuellem Missbrauch in Betracht:

  • schwerer sexueller Missbrauch von Unmündigen (§ 206 StGB): Beischlaf oder eine gleichzusetzende geschlechtliche Handlung
  • sexueller Missbrauch von Unmündigen (§ 207 StGB): sonstige geschlechtliche Handlungen
  • pornographische Darstellungen Minderjähriger (§ 207a StGB): das Herstellen, Anbieten, Verschaffen, Überlassen, Vorführen oder zugänglich Machen von pornographischen Darstellungen
  • sexueller Missbrauch von Jugendlichen (§ 207b StGB): geschlechtliche Handlungen an Jugendlichen
  • sittliche Gefährdung von Personen unter sechzehn Jahren (§ 208 StGB): das Vornehmen einer Handlung vor einer unmündigen Person, um dadurch sich oder einen Dritten geschlechtlich zu erregen oder zu befriedigen
  • Anbahnung von Sexualkontakten zu Unmündigen (§ 208a StGB): das Anbahnen eines persönlichen Treffens, um an der unmündigen Person eine strafbare Handlung nach den §§ 201 bis 207a zu begehen
  • Blutschande (§ 211 StGB): Vollziehen des Beischlafs mit in gerader Linie oder absteigender Linie Verwandten
  • Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses (§ 212 StGB): das Vornehmen einer geschlechtlichen Handlung an einer minderjährigen Person, die der eigenen Erziehung, Ausbildung oder Aufsicht untersteht
  • entgeltliche Vermittlung von Sexualkontakten mit Minderjährigen (§ 214 StGB): das Herbeiführen einer persönlichen Annäherung einer unmündigen Person mit einer anderen zur Vornahme einer geschlechtlichen Handlung
  • Förderung der Prostitution und pornographischer Darbietungen Minderjähriger (§ 215a StGB)

3. Sonstige relevante Strafrechtsbestimmungen

Daneben gibt es strafrechtliche Tatbestände, die nicht auf minderjährige Opfer beschränkt sind, die aber ebenfalls im Zusammenhang mit sexueller Ausbeutung (vor allem bei Jugendlichen) von Bedeutung sind:

  • Vergewaltigung (§ 201 StGB): die Nötigung einer Person zum Beischlaf oder einer gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung mit Gewalt, Entziehung der persönlichen Freiheit oder Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben
  • geschlechtliche Nötigung (§ 202 StGB): die Nötigung einer Person durch Gewalt oder gefährliche Drohung zur Vornahme oder Duldung einer sonstigen geschlechtlichen Handlung
  • sexueller Missbrauch einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person (§ 205 StGB)
  • Kuppelei (§ 213 StGB): das Verleiten einer Person zu einer geschlechtlichen Handlung mit einer anderen Person, zu der man in einem Autoritätsverhältnis steht
  • Zuführung zur Prostitution (§ 215 StGB)
  • Zuhälterei (§ 216 StGB)
  • Sexuelle Belästigung und öffentliche geschlechtliche Handlungen (§ 218 StGB): das Belästigen einer
  • Person durch eine geschlechtliche Handlung an oder vor einer Person, die ein öffentliches Ärgernis erregen kann
  • beharrliche Verfolgung – Stalking (§ 107a StGB)

4. Der Rechtsweg

Zu unterscheiden sind grundsätzlich familienrechtliche und strafrechtliche Maßnahmen. Über die familienrechtlichen Maßnahmen entscheidet der Familienrichter im Rahmen des Pflegschaftsverfahrens (z. B. Entzug der Obsorge). Familien- und strafrechtliche Maßnahmen erfolgen meist parallel. Über strafrechtliche Maßnahmen entscheidet das Strafgericht.

 

5. Familienrechtliche Maßnahmen

Diese sind erforderlich, wenn ein Familienmitglied des sexuellen Kindesmissbrauches verdächtigt wird bzw. ein Kind in der Familie keinen entsprechenden Schutz findet und das Kindeswohl gefährdet ist.

 

6. Jugendwohlfahrtsbehörden

Die Jugendämter bei den Bezirkshauptmannschaften und Magistraten informieren, beraten und helfen in sämtlichen Angelegenheiten, die die Pflege und Erziehung von Kindern und Jugendlichen betreffen. Bei einer ernstlichen Gefährdung des Kindeswohls haben sie die Möglichkeit, eine Gefahr-im-Verzug-Maßnahme zu setzen: Das heißt, sie können veranlassen, dass das Kind aus der Familie genommen wird (Kindesabnahme) und in einer betreuten Wohngemeinschaft oder bei einer Pflegefamilie untergebracht wird (Fremdunterbringung). Das Jugendamt muss dann unverzüglich, jedenfalls aber innerhalb von acht Tagen nach der Kindesabnahme, einen Antrag beim Pflegschaftsgericht auf Entziehung der Obsorge einbringen.

 

7. Strafanzeige

Während Privatpersonen und -institutionen das Recht, aber nicht die Pflicht haben, eine Anzeige zu erstatten, sind Sicherheitsdienststellen, öffentliche Behörden und Dienststellen sowie Ärzte unter jeweils verschiedenen Voraussetzungen zu einer Anzeige verpflichtet.

 

8. Verjährung

Wenn jemand bis zum 18. Lebensjahr Opfer von Sexual-, Gewalt- und Freiheitsdelikten geworden ist, beginnt die Verjährungsfrist erst mit Vollendung des 28. Lebensjahres zu laufen.

 

9. Was kann ich tun?

Je nach Einschätzung der Gefährdungslage sollte bei konkretem Missbrauchsverdacht oder konkreter Missbrauchskenntnis entweder das Jugendamt und/oder die Polizei benachrichtigt werden. Bei dringenden und lebensgefährlichen Situationen ist jedoch immer die Polizei einzuschalten, weil nur sie das Kind ggf. mit Gewalt aus dem (häuslichen) Umfeld herausholen kann.

Darüber hinaus sollte in Zweifelsfällen das Jugendamt informiert oder Beratung bei Kinderschutzzentren bzw. der Kinder- und Jugendanwaltschaft in Anspruch genommen werden. Dies geht teilweise anonym, häufig gibt es örtliche bzw. regionale Kontaktrufnummern und Hotlines. In den Jugendämtern befassen sich Fachkräfte mit diesen Informationen und müssen diesen gem. § 2B-JWG nachgehen. Im Gegensatz zu manchem reißerischen Medienbericht arbeiten in den Jugendämtern und den Beratungsstellen engagierte und kompetente Mitarbeiter, die auch gerne beratend tätig werden.

Es muss Pastoren, Jugend- und Pfadfinder-Mitarbeitern, Erziehern in Kindergärten, ehrenamtlichen Mitarbeitern von kirchlichen Einrichtungen und auch jedem Gemeindeglied ein Anliegen sein, Kindern und Jugendlichen jeden erdenklichen Schutz zu bieten.